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Ein Freund schreibt über einen Freund. Egon Fein für Max Grundig zum 75. Geburtstag.

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Kapitel 5 (aus obigem Buch) - Der Steuermann

Der Grundig Kofferradio wird geboren.

Grundig‘s Eigenart, der Erste zu sein, wo immer es möglich war, schlug Anfang 1950 kräftig durch :

Das schon Ende 1949 fabrizierte erste deutsche Kofferradio
(das Gehäuse wurde bereits in der eigenen Kunststoffspritzerei hergestellt) kam auf den Markt und wurde von der Fachpresse lobend empfangen.

Max Grundig hatte die eben einsetzende Motorisierung sofort in seine Pläne einbezogen. Die Leute wollten auch unterwegs Radio hören, beim Camping und beim Picknick.
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  • Anmerkung : Dieses Phänomen "die eben einsetzende Motorisierung" sowie der einsetzende Wohlstand trugen maßgeblich zum Niedergang des Kino-Films bei, wie es im Fernsehmuseum beschrieben wird.

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Nun hatte dieses Ding allerdings noch keinen Namen. Ein Preisausschreiben in Zeitungen und Zeitschriften sollte ihn finden:
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Wie soll er heißen ??

Wie soll er heißen, unser Fünf-Röhren-Fünfkreis-Super, der soeben als leichtester deutscher Batterie-Reiseempfänger auf den Markt kommt? Für fröhliche Menschen wurde er geschaffen...“.

Als ersten Preis gab's einen Grundig-Musikschrank für 988 Mark. Es kamen 167.720 Zuschriften, und schon im März hieß der Wunderkoffer „Boy“. Im Juni bekam er ein Netzanschlußteil für 46 DM.

Da er nun die Baureihe vom Musikschrank
(„Das Edeltonmöbel für den Musikfreund“) bis zum „Portable“ oder Reisesuper abrundete, wurde das ganze Programm - es bestand erst aus vier, dann aus sieben Radiogeräten und den Musikschränken – „Kleeblatt“-Serie genannt.

Den Namen hatte man von der Stadt Fürth entliehen, die ein Kleeblatt im Wappen führt, und von der SpVgg Fürth, deren Clubabzeichen ebenfalls ein Kleeblatt ist. Deshalb überreichte Annelie Grundig den Fürther Fußballern postwendend nagelneue „Boys“.
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Deutschland "muß" auf UKW "ausweichen".

1950 - Die Angst des Hörers vor der neuen, zwangsläufig mit der Einführung des "Kopenhagener Wellenplans“ verbundenen aktuellen UKW-Technik erstickte Max Grundig im Keim.

  • Anmerkung: Der Kriegsverlierer Deutschland bekam von den vier Siegermächten fast keine MW-Frequenzen mehr in dem gängigen Mittelwellenbereich.


Und sofort brachte Grundig seine schon 1949 vorbereiteten Vorsatzgeräte für den UKW-Empfang in den Handel, damit jeder mithören konnte, wenn einer von den neuen modernen UKW-Sender in der Nähe stand, und schon im Juli gab es vollwertige UKW-Geräte mit neuen Stationsskalen.

 

  • Anmerkung: eigentlich war es wieder mal solch ein Glücksfall für Deutschland und natürlich auch für Max Grundig, so ungewollt eine im Nachhinein bedeutende Innovation zu erzwingen und damit den gesamten Weltmarkt aufzurollen.

 

Als erster seiner Branche benutzte Grundig dazu die sogenannte "additive Mischschaltung“, die einen rauscharmen "Weitempfang“ sicherte. Darüber freuten sich die Kunden, und Fachleute staunten, denn eigentlich hatte man von der neuen UKW-Technik anfangs nur eine "quasi-optische“ Verbreitung erwartet. Um seine UKW-Geräte unter normalen Empfangsverhältnissen entwickeln und prüfen zu können, ließ Max Grundig als einer der ersten auf seinem Fabrikgelände einen eigenen UKW/FM-Sender installieren.
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Der Anbeginn der modernen progressiven Werbung.

Noch ehe die großen Messen des Jahres 1950 Gelegenheit boten, alle Neuheiten vor einem geneigten Publikum und besonders vor dem interessierten Fachhandel auszubreiten, legte Max Grundig sich eine eigene, rollende Funkausstellung zu, einen hellblauen Ausstellungswagen.

 

Der 10,5 m lange Zehntonner, ein fahrbares Schaufenster, fuhr - mit einem redegewandten Sportreporter am Mikrophon - kreuz und quer durch die Bundesrepublik, zur Kieler Woche, zur Gartenschau „Planten und Bloomen“ nach Hamburg, zu Fußballspielen und Wintersportplätzen. „Ein stolzer Künder Fürther Unternehmungsgeistes und Industriefortschritts“, meinte die Presse, und Max Grundig hatte wieder gezeigt, daß er spürte, was seine Käufer wollten.
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1950 - Funkausstellung in Düsseldorf

Auch auf der (ersten ?) deutschen Funkausstellung im August 1950 in Düsseldorf tauchte das blau-weiße Radio-Schaufenster aus Fürth auf. In Halle 16 präsentierte Grundig indessen neben seiner .Kleeblatt“-Serie den „billigsten Vollsuper“, eine neue Tischkombination mit Einfach- Plattenspieler und die ersten Drucktasten- Super samt UKW- Weitempfangstechnik,

 

Überhaupt, diese Funkausstellung brachte Max Grundig mehr als einen Pluspunkt: Ein Foto-Wettbewerb heizte die Stimmung an, „Grundig liegt richtig“, konstatierte der „Radiohändler“ und nannte den Grundig-Vollsuper für 165 DM „eine Wolke“, und eine Grundig-Dampferfahrt auf dem Rhein für Händler mit ihren Angehörigen schuf die richtige Stimmung.

Panem et circenses - Grundig wußte eben nicht nur, wie man Qualität herstellte, er kannte auch den Weg zum Verbraucher. Die Messe in Hannover, die Deutsche Industrieausstellung in Berlin und die Leipziger Messe (1950 ging das noch), auf der der Grundig-Stand ständig umlagert war, brachten ähnliche Erfolge.
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Der Erfolg kommt in großen Schritten

Solche Aktivitäten erforderten immer neue, immer mehr Produktionen. Das Werk an der Kurgartenstraße wuchs und wuchs. Eine riesige Montagehalle, 4.500 qm Fläche, 80 m lang und 30 m breit, entstand, 1,000 neue Mitarbeiter wurden eingestellt, die Kapazität der Grundig-Werke erhöhte sich um 100 Prozent, das 500,000ste Gerät verließ den Betrieb.

 

Es war deshalb mehr als nur eine Feststellung, wenn das Fachblatt „Radiohändler“ in seiner November- Ausgabe 1950 schrieb: „Lagen in Nürnberg-Fürth die Kräfte gleichsam schlummernd im Boden, so mußte natürlich jemand kommen, der ihnen zum Licht empor half. Max Grundig war dafür der durch seine persönliche Art prädestinierte Mann. Ein unbändiger Wille, der zuversichtliche Glaube an das einmal als richtig Erkannte und die Kraft der Idee sind die unerläßlichen Voraussetzungen für den großen Erfolg, Man muß ein festes Ziel haben und von der Richtigkeit der Wege überzeugt sein, die man einschlagen will, um es zu erreichen. Das sieht man bei allen Großindustriellen der Vergangenheit und Gegenwart der alten und der neuen Welt.
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Max Grundig und seine inzwischen fast 3.000 Mitarbeiter

Aus den beiden Voraussetzungen - zuverlässige und von ihrer Arbeit begeisterte Mitarbeiter und dem unbändigen Willen des Chefs, das Höchste zu erreichen - entstand jene magische Kraft, die Grundig-Radio so schnell emporwachsen ließ, Max Grundig ist ein Beispiel dafür, daß es auch heute in Deutschland wieder Männer gibt, die mit den größten amerikanischen Wirtschaftlern konkurrieren können. Er hat die Synthese zwischen den auf das preiswerteste und zuverlässigste Endprodukt ausgerichteten amerikanischen Fabrikationsmethoden und unserer europäischen Idee der Radio-Spezialfabrik verwirklicht.

 

Er hat aber auch gezeigt, daß die deutschen Arbeitskräfte den amerikanischen gleichwertig sind, wenn man es nur versteht, sie für ein Ziel zu begeistern. Es ist ihm gelungen, das unverwüstliche deutsche Kapital an Ideen und Arbeitskraft in seinem Werk zu aktivieren und daraus eine Arbeitsstätte für fast 3.000 Menschen zu schaffen, die der gesamten deutschen Radioindustrie einen so gewaltigen Auftrieb gab, daß sie heute nicht nur Friedensqualität zu Friedenspreisen liefern kann, sondern auch wieder für den technischen Fortschritt des Radios auf der ganzen Welt Pionierarbeit zu leisten vermag.“
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