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Ein Freund schreibt über einen Freund. Egon Fein für Max Grundig zum 75. Geburtstag.

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Kapitel V - 7. Juli 1948 - "Die Welt lernt Grundig kennen"

übearbeitet von Gert Redlich im Winter 2006.
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Die Währungsreform am 20. Juni 1948

Über Nacht war die Mark nur noch zehn Pfennig wert. Sie hieß jetzt „Deutsche Mark“ und nicht mehr „Reichsmark“, und mit dem neuen Namen kam der alte Wert zurück.

Plötzlich gab‘s wieder etwas fürs Geld. Die Zigarettenwährung war passe und das Tauschgeschäft überflüssig geworden. In den Schaufenstern tauchten Schätze auf, die jahrelang verborgen geblieben waren.
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1 Westdeutsche D-Mark
hier die DM Scheine
Max Grundg und Ludwig Erhard waren Jugendfreunde und Nachbarn

Die Währungsreform am 20. Juni 1948

Der längst fällige Schnitt ins Wirtschaftsgefüge und in unser Portemonnaie tat zwar weh, denn Sparkonten, Versicherungen, ganze Vermögen schrumpften auf ein Zehntel und weniger zusammen. 45,2 Milliarden Reichsmark deutscher Sparguthaben wurden durch die Währungsreform auf 2,2 Milliarden D-Mark zurechtgestutzt, und zunächst hatte jeder Bürger nur lächerliche 40 Deutsche Mark auf der Hand.

Aber nur so konnte Deutschland sich wieder erholen, ohne eine gesunde Währung ging das nicht. Das Handgeld von 40 D-Mark (West) sollte der Grundstock sein für Wohlstand und soziale Sicherheit, manchmal sogar für Reichtum - der Anfang einer Reihe goldener Jahre, die man später auch Wirtschafts- wunder nannte.
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Nun hatte Max Grundig‘s Aufstieg schon vor der Währungsreform begonnen, weil er mit unkonventionellen Methoden sich den Absonderlichkeiten der Zeit eher anpaßte als andere. Diese Entwicklung bekam nach dem 20. Juni 1948 ein Tempo, daß sich den staunenden Betrachtern die Vermutung aufdrängte:

  • "Der muß den Zeitpunkt der Währungsreform vorher gekannt und sich darauf eingerichtet haben, da doch der Ludwig Erhard - zu dieser Zeit Direktor der Verwaltung für Wirtschaft im vereinigten Wirtschaftsgebiet der „Bizone“ (US- und britische Zone) - auch ein Fürther aus der gleichen Staße nur gegenüber war."


Dieses Gerücht hielt sich ebenso hartnäckig, wie es falsch war. Es gab kein Geheimnis um den zugegebenermaßen atemberaubend steilen Aufstieg Max Grundig‘s.
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Was hier geschah, das war einzig sein Werk.

Er fragte nicht, ob die Zeit gut war oder schlecht. Er wehklagte nicht, sondern vertraute seiner Nase, setzte auf sein sicheres Gespür für die Wünsche der Käufer, riskierte - und produzierte. Da ließ er sich durch Nichts und Niemanden beirren. Was er sich vorgenommen hatte, das führte er durch, ohne lange zu fackeln. Er brauchte keine Vorstände oder Aufsichtsräte um Genehmigung zu konsultieren. Er war ein Einmann-Konzern und nur sich selbst verantwortlich. Er hatte Mitarbeiter, die mit ihm durch alle Feuer gingen. Als andere zögerten, handelte er, und deshalb brauchte kein Mensch sich zu wundern, wenn Max Grundig auf den Tag X, den 20 Juni 1948, ganz von selbst vorbereitet war.
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Max Grundig hatte neben seinen Prüf-, Meß- und Reparaturgeräten (jetzt zwischen 245 und 625 DM) den „Heinzelmann“, den er nun mit und ohne Röhren verkaufen konnte (von 190 bis 255 DM), und er hatte den „Weltklang“ (zunächst 475 bis 560 DM), den die Kunden ihm aus den Händen rissen.


Diese beiden Radiogeräte, schon zu Reichsmark-Zeiten entwickelt und erfolgreich über den Ladentisch gegangen, waren zwei scharfe Waffen im Kampf um einen „Platz an der Sonne“. Sie brachten natürlich jetzt den D-Mark-Segen bündelweise in die Kasse.

Keine Rede also von einem programmierten Wunder. Grundig hatte es nicht nötig, den Zeitpunkt der Währungsreform auszukundschaften. Ihm war jeder Tag recht. Und außerdem beschäftigte er am Tag X bereits 400 Leute.

 

Es war, im Gegenteil, an Max Grundig, sich zu wundern. Ein paar Tage nach dem 20. Juni kam ein Hamburger Radiohändler zu ihm, legte 10.000 nagelneue DM-Scheine auf den Tisch und verlangte Radios. Ein Rätsel, woher der Mann das Geld gezaubert hatte - zu einem Zeitpunkt, da Millionen noch sorgsam ihre 40 DM Handgeld hüteten.

 

„Ich habe oft darüber nachgedacht, wie der Mann an die 10.000 Mark gekommen ist. Ich habe es nie rausgekriegt“, sinniert Max Grundig heute noch. Diese 10.000 DM steckte er ebenso auf Heller und Pfennig in den Betrieb wie spätere Millionen. Auch das war und blieb eine der Stärken Max Grundigs. Nicht nur, daß er privat ohne Ansprüche blieb und bescheiden lebte, er konnte jede verdiente Mark sofort wieder im Betrieb arbeiten lassen, weil er keine Teilhaber, keine Aktionäre zufriedenstellen mußte. Dies war sein Unternehmen, und da gab es niemanden, der die Hand aufhielt.

Grundig's Aufstieg zur Weltmarke.

Jetzt endlich sollte auch die Öffentlichkeit von dieser Identität erfahren: Die „RVF Elektrotechnische Fabrik“ wurde am 7. Juli 1948 in „Grundig Radio-Werk GmbH“ umbenannt. Nun hatte das Werk den Namen seines Gründers. Die Geschäftsfreunde wurden per Rundschreiben auf die Umbenennung hingewiesen. „Prägen Sie sich bitte unseren neuen Firmen-Namen ein. Wir sind gewillt, mit ihm weitere Verpflichtungen für größere Leistungen zu übernehmen.“

 

Von diesem trüben, regnerischen und gewittrigen Julitag im Juli 1948 an wurde der Name Grundig zu einem Synonym für Radio, für Elektrotechnik schlechthin, denn schon bald sollten andere Produkte hinzukommen: Fernsehapparate, Tonband- und Diktiergeräte.

 

Von nun an begann die Welt den Namen Grundig zur Kenntnis zu nehmen. Über Nacht kannte man ihn in der Bundesrepublik, in kürzester Zeit in Europa, bald im letzten Winkel dieser Erde. Ein Name, den seine Produkte auszeichneten. Seit dem 7. Juli 1948 ging er durch fünf Kontinente.

 

In diesem Jahr wurde auf dem Gelände an der Fürther Kurgartenstraße im Eiltempo weitergebaut, neue Fertighallen und ein Laborgebäude entstanden. Aber auch die frisch gedruckte DM konnte das notwendige Baumaterial noch nicht so schnell herbeizaubern, wie es gebraucht wurde, und so mußte - wie gehabt - das Organisationstalent bemüht werden.
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Ein Blick in die Zeit von 1948 . . .

Der Wirtschaftsaufschwung zeigte sich in diesen Tagen selbst bei der Nürnberg/ Fürther Straßenbahn. Die Wagen reichten für die vielen Fahrgäste nicht mehr aus, sie mußten in alten Gepäckwagen befördert werden, neue gab's noch nicht...

 

Zum Vergnügen der Fürther etablierte sich zu dieser Zeit der Zirkus „Olympia“ mit einem Vier-Mast-Zelt auf dem Schießanger. Im Nürnberger Justizpalast an der Fürther Straße rollte der sogenannte OKW-Prozeß ab, in dem der ehemalige General Walter Warlimont enthüllte, daß Hitler das Sonnenlicht gehaßt habe.

 

Am 24. September scharte Max Grundig im Fürther Kulturvereins-Saal zum erstenmal seine engsten Mitarbeiter und sämtliche Vertreter um sich. „Interzonen-Vertreter-Tagung“ hieß das damals, und dies bedeutete, daß die Herren aus der amerikanischen, der britischen und der französischen Zone nach Fürth angereist kamen. Aus Berlin kam niemand, denn in jenen Tagen versuchten die Sowjets, Berlin durch die Blockade kleinzukriegen.

Am 30. Oktober attestierten die „Nürnberger Nachrichten“ den westdeutschen Radioherstellern: „Unter Berücksichtigung der Nachkriegsschwierigkeiten hat der Wiederaufbau der deutschen Radioapparate- Industrie bisher gute Fortschritte gemacht.“

 

Grundig in Fürth steigerte seine Leistung von Tag zu Tag. Auf 5.500 qm „Arbeitsfläche“ waren bereits 650 Beschäftigte tätig, am 15. November wurde mit dem Bau des ersten Verwaltungsgebäudes begonnen, und am 1. Dezember 1948 die Firma aich äußerlich in „Grundig-Radio-Werke“ umbenannt. Das kleine „e“ am Schluß, die Mehrzahl, durch etliche Erweiterungen notwendig geworden, zeigte an, daß man es von nun an mit mehreren Werken zu tun haben würde. Die Zukunft ließ grüßen.

 

Eine Bedienungsanleitung für den „Heinzelmann“ („Der trennscharfe Einkreis- Empfänger mit drei Wellenbereichen“) vom Dezember 1948 gab Hörerstimmen das Wort: ... .bin mit dem „Heinzelmann“ sehr zufrieden. Der Lautsprecher ist hervorragend. Diesen weichen und doch vollen Ton findet man selten bei einem Gerät...“ R.M., Markt Bibart. -.... der „Heinzelmann“ hat auch einen vorzüglichen Klang, wie ihn vielfach große Geräte bei weitem nicht aufweisen.“ Dr. R H., Nürnberg. - ... .bin von der Trennschärfe und Klanggüte Ihres >Heinzelmann< begeistert.“ Walter R, Riedlingen. - .... der „Heinzelmann“ in Ausführung sowie Empfang eine Glanzleistung.“ R. K., Schwenningen a. N.
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