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Ein Freund schreibt über einen Freund. Egon Fein für Max Grundig zum 75. Geburtstag.

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Kapitel 5 (aus obigem Buch) - Der Steuermann

Grundig hatte jetzt bereits 650 Mitarbeiter

Am 18. Dezember 1948 versammelten sich die 650 Grundig-Mitarbeiter im Fürther Geismannssaal zur ersten gemeinsamen Weihnachtsfeier. Fürths Oberbürgermeister Dr. Hans Bornkessel samt seinen beiden Vizes Hans Segitz und Dr. Hans Hacker feierten mit, und die Lokalpresse („.... eine delikate Bewirtung gab dem vorweihnachtlichen Betriebsfest die richtige Würze.“) hielt es nun doch für angebracht, nicht nur das Unternehmen zu nennen, sondern auch den Namen des Gründers und Inhabers Max Grundig.

 

Mit dem Jahr 1948 waren alle Dämme gebrochen, die den wirtschaftlichen Aufschwung bis dahin noch gebremst hatten. Die Marktwirtschaft hatte sich durchgesetzt. Was Max Grundig jetzt und in den folgenden Jahren mit seinen Mitarbeitern zuwege brachte, ist beispiellos in der deutschen Nachkriegsgeschichte. Es gibt keine Parallele. In einem Pressebericht vom März 1949 stand: „In einem geradezu amerikanisch anmutenden Tempo wurden nach Kriegsende die Grundig-Werke aufgebaut.“
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Grundig legte das Tempo vor und setzte die Maßstäbe

Dieser Reporter konnte sich zwar nur auf bereits Geschehenes berufen, aber seine Worte sollten noch viel mehr für die Zukunft gelten. Max Grundig legte nun ein Tempo vor, das nicht nur der Branche den Atem verschlug, es hätte selbst Amerikanern das Wundern beigebracht.

Es ist unmöglich, auch den letzten Meilenstein der folgenden Jahrzehnte aufzuzeigen. Dafür geschah zuviel im Hause Grundig. Aber alles, was sich hier entwickelte, auch die scheinbar kleinste Fertigung, trug die Handschrift Max Grundig‘s. Nichts ging ohne ihn. Es waren seine Ideen, seine Initiative und seine Tatkraft, die das Werk begründeten und es aufbauten, und daran sollte sich auch in den kommenden Jahren nichts ändern.

Zum erstenmal öffnete dieser immer ein wenig zurückhaltende und wortkarge Mann sich am 3. März 1949 der Öffentlichkeit. Er gab seinen ersten Presseempfang, und er zog erstmals vor Millionen Bilanz. Seine Mitarbeiter Otto Siewek und Dr. Johannes Stierhof assistierten ihm.

Diese Bilanz konnte sich sehen lassen: Im Februar 1949 das 100.000ste Radio hergestellt, derzeitige Monatsproduktion 12.000 Rundfunkgeräte, 800 Beschäftigte in 25 Werkshallen und Verwaltungsgebäuden, 20 % Marktanteil und damit Platz Eins unter allen deutschen Rundfunkherstellern. Fast alle Einzelteile wurden selbst gefertigt. Fünf eigene Lastzüge fuhren pro Woche 6.000 Kilometer, um die Ware an den Mann zu bringen.

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Bereits 1948 war Grundig der "Größte".

Knapp neun Monate nach der Währungsreform war Max Grundig zum größten westdeutschen Radiohersteller aufgestiegen. Eine unglaubliche Leistung, die Mittelfrankens Regierungspräsident Dr. Hans Schregle mit den Worten quittierte: „Solche Leute mit privater Initiative brauchen wir in unserem heutigen Deutschland, in dem der bettelarme Staat selbst nichts mehr bieten kann.“

Die Presse zeigte sich beeindruckt von dem inzwischen auf 12.500 qm angewachsenen Werksgelände, von der hohen Qualität der vorgeführten Grundig Radiogeräte, die 84 Prüfungen durchlaufen mußten, ehe sie die Fabrik verließen; und auch davon, daß allein eine Hamburger Firma monatlich für 600.000 DM Radioröhren nach Fürth lieferte, und daß, ebenfalls pro Monat, 50 Tonnen Eisenbleche verarbeitet wurden.

Max Grundig wollte nicht nur produzieren, er zerbrach sich ebenso den Kopf darüber, wie er seine Ware dem Kunden preisgünstig anbieten konnte. Deshalb folgte er der Forderung Professor Ludwig Erhard‘s, sogenannte „Jedermann-“ Radios zu „Jedermann-“ Preisen auf den Markt zu bringen.

Sein „Heinzelmann“ war jetzt schon für 168 DM zu haben, der „Weltklang“ für 268 DM, und wer dies nicht bezahlen konnte, für den entwickelte Grundig mit den Groß- und Einzelhändlern ein großzügiges Teilzahlungssystem.
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Der Bayerische Rundfunk schickt einen "Ü-Wagen".

Nach der ersten Pressekonferenz, an der mehr als 100 Journalisten aus Westdeutschland und Berlin teilgenommen hatten, wurde auch der Bayerische Rundfunk neugierig, Max Grundig und seine Fabrik kennenzulernen. Am 12. April 1949 erschien der Reporter Rudi Grüner mit einem Übertragungswagen in der Kurgartenstraße. Es wurde die erste Rundfunkreportage über das Werk Max Grundigs, und auch der Chef selbst gab bereitwillig Auskunft. Am 27. April 1949 lief die Reportage über den Sender.

 

So schrieben die „Fürther Nachrichten“, inzwischen als Kopfblatt aus den „Nürnberger Nachrichten“ hervorgegangen: „ .... gab es kein Stocken, denn ein Fürther Mundwerk bewährt sich in allen Lebenslagen.“
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Juni 1949 - der Export kam in Gang

Grundigs Geräte bewährten sich zwei Monate später zum erstenmal auch international auf der „Technischen Exportmesse“ in Hannover. Im Juni 1949 wurde ein Vertrag über die Lieferung von Radioapparaten für 25.000 Dollar in die Türkei abgeschlossen. Auf derselben Messe zeigte Grundig seine erste Musiktruhe „mit Plattenspieler und zwei seitlichen Schrankfächern“ für 988.- Mark, das erste UKW-Vorsatzgerät im Hinblick auf den für 1950 zu erwartenden UKW-Empfang, und einen „Heinzelmann“ als Batteriegerät.

 

Eben noch hatte das Fachblatt „Funkschau“ den „Heinzelmann 168 GW“ zum „besten Einkreiser des Nachkriegsmarktes“ ernannt, die „Fürther Nachrichten“ das Grundig-Werk gelobt, weil es „in Zeiten von Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit als einzige Industrie Arbeitsplätze schaffe“, und die Zeitschrift „Funk-Fachhändler“ wohlwollend vermerkt :

„Die sprunghafte Entwicklung der Grundig-Radiowerke dürfte in Deutschland Ihresgleichen suchen“, da stellte Max Grundig seine 1.000ste Mitarbeiterin ein, das 21jährige Flüchtlingsmädchen Luise Achatz aus dem Sudetenland, und er ließ das 100.000ste Gerät vom Band laufen.
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Der Fürther Ludiwg Erhard beim Fürther Max Grundig.

Inzwischen war aus den drei Westzonen die Bundesrepublik Deutschland geworden und der zukünftige Wohlstandsvater Professor Erhard Bundeswirtschaftsminister.

Am 8.Dezember 1949 besuchte er seinen Landsmann Max Grundig
zum ersten Mal in der Kurgartenstraße. Seine Besuche wiederholten sich später sehr häufig, und wenn Ludwig Erhard zum Wochenende in seiner Heimatstadt Fürth weilte, kam er regelmäßig Samstag vormittags kurz nach zehn Uhr. Denkt Max Grundig zurück: „Da hat er seine Zigarre geraucht, eine Flasche fränkischen Bocksbeutel getrunken, und um halb eins hat seine Frau ihn wieder abgeholt.“
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1.600 Mitarbeiter und die Schwester bekam einen Radioladen

Der 10. Dezember 1949 offenbarte, wie sehr die Grundig- Belegschaft schon wieder angewachsen war: An zwei Weihnachtsfeiern in den Geissmanns-Sälen nahmen inzwischen 1.600 Beschäftigte teil. Frau Annelie Grundig (die zweite) übernahm die Weihnachts- Patenschaft für ein Flüchtlingskind, und die „Fürther Nachrichten“ schrieben am 12. Dezember: „ .... verbreitete sich bald im Saal eine Stimmung, die in allen Teilnehmern ein Gefühl der Dankbarkeit gegenüber ihrem Chef aufkommen ließ.“

 

Max Grundig bedankte sich bei seiner Schwester Minna, die ihm in der Anfangszeit viel geholfen hatte. Am 1. Januar 1950 ließ er den Firmennamen seines alten Geschäfts in der Fürther Schwabacher Straße 1 ändern in „Radio-Vertrieb Fürth RVF, Meister & Co.“ und seine inzwischen verheiratete Schwester Minna Meister trat als persönlich haftende Gesellschafterin und Geschäftsteilhaberin ein. Später sollte ihr das Geschäft allein gehören.
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