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Ein Freund schreibt über einen Freund. Egon Fein für Max Grundig zum 75. Geburtstag.

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Kapitel 4 (aus obigem Buch) - - Erinnerungen

Der erste Ur-"Heinzelmann" wird geboren.

Bis es soweit war, ehe die ersten Baukästen zusammengestellt werden konnten, ging der Briefwechsel zwischen Max Grundig und Hans Eckstein weiter. So schrieb Max Grundig am 6. April 1946:

Wir sind nunmehr mit den Vorarbeiten für den Baukasten soweit vorwärts gekommen, daß wir gerne gemeinsam mit Ihnen die Angelegenheit zu einem Abschluß bringen möchten, damit wir mit aller Kraft die Beschaffung der benötigten Halbteile in die Wege leiten können. Wir wären Ihnen sehr dankbar, wenn Sie es möglich machen könnten, uns Mitte des Monats, etwa am 15. April, zu besuchen.

Nach diesem Treffen schienen die Fronten geklärt, die Pläne abgesegnet, denn am 1. Juli legte Anton Lifka eine Eins-zu-Eins Zeichnung des Heinzelmann- Gehäuses und sechs Tage danach einen Schaltplan des Einkreisers vor.

Am 10. August 1946 wurde die Radio-Produktion bei Grundig amtlich.
Die Landesstelle für Eisen und Metalle in München erteilte der Firma Max Grundig, Fürth in Bayern, eine vorläufige Betriebserlaubnis für die Herstellung von Werkstatt-, Meß- und Prüfgeräten, Kleintransformatoren und Rundfunkgeräte- Baukästen. Abteilungsleiter Rudolf Bonn unterschrieb das Dokument selbst.
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Die Fabrikation des Bausatzes läuft an

Am 28 August 1946 schreibt Max Grundig an Hans Eckstein: Die Fabrikation mit dem Heinzelmann läuft nun in allen Teilen bis auf den Lautsprecher. Wir sind gerade dabei, Magnete zu holen, so daß also auch dann die Lautsprecher- Fabrikation in ca. acht Tagen beginnen wird. Die ersten Gehäuse erhalten wir in ca. drei Wochen, so daß also endgültig bis Ende September mit der Lieferung der ersten Geräte gerechnet werden kann.

 

Am 4 September 1946: Ich bin nun mit der gesamten Angelegenheit Rundfunkbaukasten soweit, daß bereits die Vormontage läuft. In der Hauptsache warte ich noch auf Gehäuse und die Lautsprechermembrane. Es sind abschließend in der Angelegenheit Einkreis-Empfänger noch verschiedene Angelegenheit zu prüfen und zu klären, bei dem ich Sie gerne dabei haben möchte. Wie steht es mit der Entwicklung des nächsten Gerätes?

 

Dieser letzte Satz ist ein typischer Max-Grundig-Satz: Hat er eben ein Objekt, diesmal den Heinzelmann, in seinem Gehirn abgehakt, denkt er sofort ans nächste. Es sollte der "Weltklang" werden, das erste komplette Radiogerät (mit Röhren) aus Grundigs Firma, die inzwischen, am 1. August 1946, den Namen erhalten hatte: RVF Elektrotechnische Fabrik, Inhaber Max Grundig.
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Alles mußte organisiert werden.

Am 4. Oktober 1946, neun Tage nachdem Eckstein bereits die ersten Verbesserungsvorschläge für den Einkreis-Empfänger Heinzelmann unterbreitet hatte, schrieb Grundig an Hans Eckstein :

Erkundigungen, die wir über die zukünftige Röhrenfabrikation einzogen, deuten darauf hin, daß wohl im allgemeinen mit U-Röhren zu rechnen sein wird.. Es dürfte also möglich sein, an die Entwicklung eines Drei-Röhren-Supers heranzugehen...

Die Größe des Gerätes kann nach meiner Ansicht fast die Größe unseres jetzigen Einkreis-Empfängers erreichen. Hierbei denke ich in Aussehen oder der Form nach an den letzten AEG-Leichtbausuper, Type 411 GW.

Fünf Tage später folgte ein Brief von Otto Siewek: Ich stelle mir den Apparat so vor: In einem Nußbaumgehäuse in der Form unseres Heinzelmanns, nur etwas kleiner, mit dem gleichen Lautsprecher, Tonblende, Beleuchtungslämpchen, Anschluß für den zweiten Lautsprecher, für Kurz- und Mittelwellenbereich. Ich stehe auf dem Standpunkt - und mit mir auch Herr Grundig - daß wir uns die Langwelle sparen können und damit einen wesentlich einfacheren und billigeren Aufbau ermöglichen.
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Der Januar 1947 zog herauf

Am 8.Januar 1947 schrieb Max Grundig: Ich lasse zur Zeit die Patentlage in der Röhrenangelegenheit klären und würde mich dann eventuell mit dem Gedanken tragen, sofern dies patentrechtlich möglich ist, Röhren selbst herzustellen. Leider ist mit der Firma TeKaDe zur Zeit keine weitere Verhandlungsbasis vorhanden ...

Wir haben in der Angelegenheit verschiedene Unternehmen, und zwar sind wir mit der Firma Louis Vetter in Verhandlung, um dort die Trimmer- Kondensatoren eventuell machen zu lassen. Ferner will uns die Fa. Spiegelglas Trimmer mit Silber belegen, so daß wir eventuell auch die Kondensatoren selbst herstellen könnten. Zur Zeit sieht es nun so aus, daß wir uns eben auf die U-Serie einstellen müssen. Ich hoffe jedoch, in der nächsten Zeit in der Röhrenangelegenheit eine entsprechende Klärung herbeiführen zu können.
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Otto Siewek wurde krank

Und schließlich, am 18. Februar 1947: Leider muß ich Ihnen gleich zu Anfang meines Schreibens eine sehr betrübliche Nachricht mitteilen, und zwar ist Herr Siewek schwer erkrankt und wird in den nächsten Wochen oder vielleicht sogar noch länger ausfallen. Ich halte es deshalb auch für zweckmäßig, wenn wir unsere Vertragsangelegenheit bei Ihrem nächsten Besuch zum Abschluß bringen.

In der Zwischenzeit hat sich hier nun sehr viel getan, was Sie bestimmt interessieren wird, und wir würden uns darüber am besten persönlich unterhalten ...

Unter anderem teilt uns Telefunken mit, daß sie bereit wären, in Bezug auf Lizenzfragen mit uns in Unterhandlung zu treten ...

Hans Eckstein sollte am 15. November 1949 in die Firma eintreten, zunächst als Laborleiter, später wurde er Direktor.
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Max Grundig wurde ein Hoffnungsträger

Der Aufschwung 1946, dem Jahr des Durchbruchs, spiegelte sich am deutlichsten in den monatlichen Industrieberichten wider, die seit Januar 1946 an das Bayerische Statistische Landesamt, Abteilung Industriestatistik, geschickt wurden. Die Produktion verlagerte sich demnach immer mehr auf Tubatest und Novatest, um gegen Ende des Jahres durch die ersten Heinzelmänner ergänzt zu werden.

Exakt bedeutete dies: Im Januar 2748 Trafos und Stromumwandler, im Dezember nur noch 190, 1946 insgesamt 10.497; im Januar 213 elektrische Meß- und Prüfgeräte, im Mai die höchste Zahl mit 585, im Dezember immerhin noch 280, insgesamt 4.950.

Im Oktober verließen die ersten Heinzelmänner die inzwischen zur Fabrik gewachsene Jakobinenstraße, 75 Stück, im November bereits 136, im Dezember 180. Also 391 im Jahr 1946, und ein Allstromgerät kostete 176, Wechselstrom 189 Reichsmark.
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Den "anderen" das Feld gar nicht erst überlassen

Max Grundig wollte anderen Fabriken - Blaupunkt, Atlas, Telefunken, Padora, Siemens, Seibt - das Feld nicht allein überlassen. Die gemeinsame Produktion dieser sechs Großen (2.917 Geräte in einem Jahr, vom 15. Januar 1946 bis 15. Januar 1947) sollte er allein schon bald in den Schatten stellen.

 

Am 29. November 1946 wies er in einer Sondererhebung über industrielle Produktionskapazitäten in der US-Zone mit Recht darauf hin: Spezialität unseres Hauses ist derzeit ein Rundfunkbaukasten Heinzelmann, der neben den hergestellten Erzeugnissen wie Trafos, Spulen, Lautsprecher, vom Gehäuse bis zur letzten Schraube, alles für den Selbstbau eines Rundfunkgerätes enthält.
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Max Grundig erinnert sich

Heute erzählt Max Grundig über diese Zeit: Was bis zum Abend fertig war, ging noch am selben Tag raus. Viele Händler holten die Baukästen selber ab. Da wurde bar bezahlt, und an manchen Tagen hatten wir soviel Geld eingenommen, daß wir es abends gar nicht mehr zählen konnten. Dafür war keine Zeit. Die Scheine kamen einfach in eine große Kiste. Dieser Zuwachs zeigte sich auch in den Monatsberichten, die über die personelle und finanzielle Entwicklung Auskunft gaben.

Im Januar 1946 verdienten 91 Arbeiter und Angestellte 7.200 Reichsmark, also 79,12 Reichsmark pro Kopf, im Dezember 111 Beschäftigte 1Z626 Reichsmark, das waren schon 158,79 Reichsmark pro Person. Insgesamt wurden 1946 fast 139.400 Reichsmark an Löhnen und Gehältern, 80.000 Reichsmark Steuern und 8.000 Reichsmark soziale Abgaben bezahlt. Der gesamte Umsatz betrug 1.331.951 Reichsmark.

Hauptabnehmer der Trafos und Stromwandler waren die Öffentliche Energieversorgung,
Rundfunk- und Elektrogroß-handlungen in Nürnberg/Fürth, München, Frankfurt und Stuttgart. Die Meß- und Prüfgeräte gingen vornehmlich an die Reichspost, an Rundfunk- und Elektroindustrie sowie an den Großhandel in Nürnberg und Fürth.
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4 Zonen in 1946 - für viele gabs noch keine Hoffnung

Nicht überall sah es 1946 so hoffnungsvoll aus wie bei Grundigs RVF. Die Welt trug, ein Jahr nach dem Krieg, noch Trauer, und das wirkte sich ganz besonders im besiegten Deutschland aus, das mittlerweile aus vier Teilen bestand: einer amerikanischen, einer britischen, einer französischen und einer sowjetischen Besatzungszone.
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Die US-Generäle waren noch Hardliner

Im März, als bei Grundig die Heinzelmann- Entscheidung fiel, gab's in den Westzonen pro Monat 700 g Fleisch, 500 g Zucker und 450 g Marmelade zu essen, anstelle von 100 g Butter nur Erdnußbutter.

Die Heirat von US-Soldaten oder Angehörigen der Zivilverwaltung mit Deutschen war noch immer verboten, selbst wenn aus einer solchen Verbindung schon ein Kind hervorgegangen sein sollte.

Generalleutnant J. M. Bevans, Stabschef der US-Militärregierung, sagte in einer Rundfunkansprache: ... dürfen wir als Nation die Vorteile, die die Frau eines Soldaten der Vereinigten Staaten genießt, nicht einem ihrer Feinde zukommen lassen.
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In Fürth gabs wieder Kino-Filme

In den Nürnberger Nachrichten kritisierten Leser, daß bei Tanzveranstaltungen zwei bis vier Reichsmark Eintritt verlangt wurde..., daß im Vorort Laufamholz der Sohn eines Bäckers die Schulspeisung erhielt, die Häuser in der Schwabacher Straße 271-277 trotz der empfindlichen Wohnungsnot seit Monaten leer standen.

Im Fürther Alhambra-Theater wurde als erster deutscher Film der Nachkriegszeit Operette mit Willy Forst gespielt, im Stadttheater sprach der SPD-Vorsitzende Dr. Kurt Schumacher, die SpVgg Fürth verlor gegen den VfB Stuttgart mit 0:6, der Nürnberger Club schlug Offenbach 3:2 und wurde Tabellenführer der Oberliga Süd. Vom 8. bis 12. Mai fand die erste Leipziger Frühjahrsmesse nach dem Krieg statt, zu der auch von Nürnberg Sonderzüge fuhren.

International stand der Iran im Brennpunkt, weil im Norden des Landes sowjetische Truppen eingefallen waren (das machten die damals also auch schon!), US-Außenminister Byrnes gestand ein, daß der Konflikt in den Ansichten der Alliierten ernst, aber kein Krieg zu erwarten sei (vor einem Jahr war es noch bei Strafe verboten gewesen, einen solchen Gedanken überhaupt auszusprechen!).

Der englische Passagierdampfer Queen Mary fuhr in drei Tagen, 15 Stunden und 48 Minuten über den Atlantik, und Englands abgelöster Premier Churchill sprach von einem Vereinigten Europa.
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